Kolumbien: Doña Remedios und das Berufsbildungszentrum für Frauen La Cuesta

Medellin/Kolumbien, 1989: Unmittelbarer Projektpartner der Rhein-Donau-Stiftung e. V. war das Berufsbildungszentrum für Frauen La Cuesta. Formal verantwortlich war dessen Trägerverein Asociación Antioqueña para la Cultura (AAC). Aber die Seele des Projekts war Doña Remedios.

Es war das erste Projekt der RDS, an dem sich das Bonner Entwicklungsministerium beteiligte. Als Test. Ein “Kleinprojekt” (BMZ-Höchstbeitrag DM 50.000). 31 Frauen wurden zu Schneiderinnen, 24 zu Friseusen und Kosmetikerinnen ausgebildet. Für selbständige Tätigkeit zuhause erhielten die 20 Besten aus dem Kurs für Zuschneiden und Nähen als Grundausstattung je eine Nähmaschine und eine Zick-Zack-Nähmaschine, beide Marke Pfaff, die 6 besten Friseusen je eine Frisiereinrichtung.

AAC war mir von früheren beruflichen Aufenthalten in Kolumbien her bekannt. Anfang 1988 hatten die AAC-Damen die Rhein-Donau-Stiftung e.V. um Zusammenarbeit bei dem Projekt gebeten. Die folgende Korrespondenz füllt einen Aktenordner. AAC versuchte mir beizubringen, was Schneiderinnen und Friseusen brauchen. Und was sie sonst noch lernen sollen, um ein Geschäft zu führen. Ich war bemüht, den AAC-Damen zu erklären, wie wir uns das Projekt vorstellen. Und was ein deutsches Ministerium darüber hinaus noch alles wissen will. Und wie am Ende alles haushaltsrechtlich abzurechnen sei. Soweit die Theorie. Dann kommt das Leben – und die Sorge, ob es bundesdeutsche Richtlinien auch hinreichend respektiert. Schließlich: Projekt bewilligt!

Als ich 1989 wieder nach Medellín kam, war es fast abgeschlossen. In einem Taxi holte mich Doña Remedios ab. Sofort war klar: Das Leben des Projekts war sie. Jung war sie nicht. Aber rüstig, nicht zu bremsen. Es folgte eine Rundfahrt durch ein Medellín, das ich nicht kannte. Durch die Elendsviertel, wo Arbeitslosigkeit und blanke Armut ihr Zuhause haben. Wo das Taxi anhielt, war entweder ein Friseursalon, dessen Inhaberin Doña Remedios herzlich umarmte und mir zum Dank für die erhaltene Hilfe die Haare schneiden wollte. Oder eine Baracke, in deren Hauptraum sich irgendwo Textilien stapelten. Bei Gloria Maria Alvarez, die uns an der Tür empfing, saß an einer von zwei Nähmaschinen ein Mann – ihr Mann. Als Lastkraftfahrer war er seit Monaten ohne Beschäftigung. Als sie die Fertigungsaufträge eines Herstellers von Sportkleidung bekam, lernte sie ihn an und “nahm ihn unter Vertrag”. Es mache ihm Spaß, meinte er. Mit seiner Geschicklichkeit hapere es, aber Gott sei Dank sei sie ja in der Nähe. Die tägliche Sorge um das Auskommen für die Kinder und sie beide sei jedenfalls vorbei.